Florian Schuh Bierbrauer

Ein Bier – einfach zum Sitzenbleiben 
Florian Schuh, der Bräu vom Starnberger See

Florian Schuh ist gebürtiger Starnberger. Ein waschechter Starnberger, genauer gesagt Söckinger. Der dynamische und jugendlich wirkende Mitfünfziger mit seinem verschmitzten Blick und fröhlichem Lächeln hat ein bewegtes Berufsleben hinter sich, das ihn von der Finanzbranche über die Immobilien- bis zur Softwarebranche führte. 2015 erfüllte sich der passionierte Biertrinker dann einen lange gehegten Jugendtraum – er gründete seine eigene Brauerei, das „Starnberger Brauhaus“. Eine Start-Up Geschichte, wie sie wohl nur das Leben schreiben kann.


In keinem deutschen Bundesland gibt es so viele traditionelle Brauereien wie in Bayern. In keinem anderen Bundesland wird so viel Bier getrunken, auch wenn der Bierkonsum tendenziell rückläufig ist. In einem derartigen Umfeld eine neue Brauerei zu gründen, und dann auch noch ohne aus der Branche zu kommen, ist eine Seltenheit und setzt eine Menge Mut voraus.  „Als es bekannt wurde, dass ich mit dem konkreten Gedanken spielte, eine neue Brauerei zu gründen und dann noch mit traditionellen bayrischen Sorten, haben viele den Kopf geschüttelt, mich für verrückt erklärt und Wetten abgeschlossen, wie lange das wohl gut gehen würde“, so Florian Schuh, Gründer, Mehrheitsgesellschafter und Geschäftsführer der Brauerei. „Um die Skeptiker herum ist es allerdings inzwischen still geworden, sehr still sogar.“


Die Stille um Florian Schuh herum hat einen guten Grund, denn die kleine Brauerei hat sich nach nur wenigen Jahren einen festen Platz im Herzen und im Gaumen von Bierfans und Bierliebhabern erobern können. Vornehmlich wird die Nachfrage  in einem Umkreis von etwa 50 bis 70 km in und um Starnberg bedient. Aber auch aus Hamburg, Berlin, den neuen Bundesländern, aus der Schweiz und Österreich kommen Bestellungen und Anfragen – die derzeit nicht bedient werden können. „Unser Bierausstoß ist längst an seine Grenzen gestoßen, die Nachfrage ist größer, als wir sie bedienen können“, so Florian Schuh. „Was wir produzieren, geht sofort raus.“


Den Traum von einer eigenen Brauerei wollte sich Florian Schuh schon vor mehr als 20 Jahren erfüllen. Damals, so erinnert er sich noch gut, keimte die Idee schon in ihm. Es war klar, die schöne Region Starnberg sollte ihr eigenes Bier bekommen. Im Stall eines befreundeten Bauern konnte er sich die ersten Brauversuche gut vorstellen, „aber es war noch nicht die richtige Zeit dafür.“ Als er dann aber Jahre später, bei einem Aufenthalt am Gardasee, auf einer Bank saß und der schwere Sattelzug einer bayerischen Brauerei an ihm vorbei fuhr, kochte die Idee „binnen Sekunden wieder auf und lies mich nicht mehr los.“


Über ein Jahr dauerten die Vorbereitungen, Planungen, Investitionen, behördlichen Abstimmungen und Vorentscheidungen, bis im Mai 2016 das erste Bier gezapft werden konnte. „Immer wieder haben wir probiert, immer wieder hat unser erfahrener Braumeister Sven Leindl noch um die eine und andere feine Nuance verändert, bis es dann stimmte, bis es so war, wie wir es uns alle gewünscht haben. Süffig und rund.“ Der Ritterschlag folgte prompt, als ein berühmter Braumeister und Biersommelier auf Radio Alpenwelle sich nicht zurück halten konnte: “Schöner Schaum, schöne Farbe, ein rundes Bier mit Biergarten-charakter – einfach zum Sitzenbleiben.“


Nur acht Monate nach dem ersten Bierausstoß war das 3-Jahresziel erreicht. 2018 wurden rund 1 Million Liter Bier ─ Hell, Spezial und Starnberger Weisse − in Flasche und Fass abgefüllt, die Produktionskapazitäten sind ausgeschöpft. „Bei allen Träumen, die ich so hatte, aber eine derartige Entwicklung  hat alle unsere Erwartungen gesprengt“, so Florian Schuh. Offensichtlich ist der Brauereigründer dabei auch auf eine Marktlücke gestoßen. „Das Starnberger Fünfseenland ist weit über die Grenzen Bayerns hinaus bekannt und durchweg besetzt mit positiven Assoziationen. Unsere Herkunft genau aus dieser Region und der Name Starnberg(er) hat uns sicherlich dabei geholfen, so schnell zu wachsen.“ Doch eine exakte Planung im Voraus war nur ein Aspekt des Erfolges. Zum Erfolg gehören auch Mut und das richtige Bauchgefühl zur rechten Zeit. „Planung und Strategie sind wichtige Bausteine, aber die letztendliche Entscheidung habe ich dann über den Bauch gefällt, aus meiner Leidenschaft für gutes Bier heraus“, gesteht Brauereibesitzer Schuh. „Und eine gehörige Portion Glück gehört ohnehin immer dazu. So konnten wir uns zum Zeitpunkt der Gründung die Website www.brauerei.bayern sichern – ab und an gewinnen die Schnellen gegen die Großen.“


Eine kleine Brauerei tut sich am Anfang schwer mit dem Mehrwegsystem, dem sich fast alle mittleren und großen Brauereien anschließen. Auch für das Starnberger Brauhaus war und ist das ein wichtiges Thema. Um sich dem System einzugliedern, waren erhebliche Investitionen notwendig. So hat die kleine Brauerei zunächst 12.000 eigene Bierkästen anschaffen müssen, die Platz für klassische Euro- und Vichyflaschen bieten. „Eine teure Investition“, meint Florian Schuh. Mittlerweile sind 52.000 Bierkästen der Brauerei im Umlauf, die neben dem Getränkefachgroßhandel und dem Einzelhandel auch an Gastronomie- und Hotelleriebetriebe geliefert werden. Von Fassbier einmal abgesehen.

„Mit unserem Fassbier bedienen wir vor allem Veranstaltungen und Events, wobei mir ganz besonders die großen Feiern der Burschenschaften wichtig sind“, so der Bräu vom See. Aus diesem Grund verfügt die Brauerei nicht nur über inzwischen 5.000 Masskrüge und Fässer verschiedener Art, auch Biertischgarnituren und Großschirme gehören zur Ausstattung. „Es gibt mittlere und größere Brauereien, die selbst nach Jahrzehnten über kein vergleichbares Equipment für die Ausstattung und Ausrichtung von großen Festivitäten verfügen. Kleine oder ganz neue Brauereien erst recht nicht.“

 

Die Leidenschaft zum Bier, die Liebe zur Region und seinen Menschen und die Brauerei, die ihn jeden Tag vor neue Herausforderungen stellt, fordern ihren Tribut. An einen Acht-Stunden-Tag ist dabei nicht zu denken. „Ich habe die Brauerei, unsere Kunden und unsere Mitarbeiter immer im Kopf, trage sie immer bei mir, mit mir herum. Aber solange ich Spaß an der Sache habe und merke, wie sich unser Baby entwickelt, schaue ich nicht auf die Uhr. Nur so geht es“, so Schuh.

Die inzwischen zehn Mitarbeiter, davon zwei Auszubildende, fühlen sich sichtlich wohl in der Brauerei. Der Altersdurchschnitt ist jung, Bauchmensch Schuh ist für jeden jederzeit ansprechbar, der Umgangston ist locker und bierig freundlich. So hat der Bräu vom See eigentlich nur ein Problem. „Wir müssen dringend unsere Produktionskapazitäten erweitern, um der steigenden Nachfrage gerecht werden zu können. An unserem jetzigen Standort geht das nicht“, gibt der dreifache Familienvater, begeisterte Segler, Golfer, Ski- und Motocrossfahrer Schuh unumwunden zu. Und so sucht die Brauerei ein passendes Gewerbegrundstück im Landkreis, das Platz für einen Neubau und für ein größeres Sudhaus bietet, vielleicht sogar für eine eigene Flaschenabfüllanlage. Typisch für Florian Schuh: Wer ihm dazu verhilft, kann sich bis an sein Lebensende mit Freibier aus dem Starnberger Brauhaus versorgen lassen ─ mit Hell, Spezial und Weissbier. Und bestimmt ist auch das dunkle Doppelbockbier, der Starnberger SEENATOR, hin und wieder mit dabei.